Die vielfältige Gesellschaft soll sich im bremischen öffentlichen Dienst widerspiegeln – um vielfältige Anliegen mit vielfältigen Perspektiven zu lösen und damit als Vorbild für andere Bereiche voranzugehen.
Doch wo stehen wir eigentlich zahlenmäßig bei der Repräsentation von Menschen mit Migrationsbiographie in unseren eigenen Reihen? Wie steht es um die Chancengleichheit z.B. bei Führungspositionen und bei Verbeamtungen? Welche Erfahrungen mit Diskriminierungen gibt es direkt oder indirekt an unseren Arbeitsplätzen? Wie sieht es mit Maßnahmen dazu aus?
Antworten auf diese Fragen wollen wir mit unserer Beschäftigtenbefragung "Migrationsgesellschaft als Chance - Wie vielfältig sind wir im bremischen öffentlichen Dienst?" erhalten.
Die Befragung startet am 25. September und richtet sich an rund 31.000 Beschäftigte in der Kernverwaltung und den Ausgliederungen! Alle bekommen entweder per E-Mail oder Post ihre persönlichen Zugangsdaten.
Nur wenn sich möglichst viele Beschäftigte 5 Minuten Zeit nehmen und mitmachen, bekommen wir aussagekräftige Daten. Bitte nehmen auch Sie sich die Zeit!
Die Beschäftigtenbefragung wird vom Senator für Finanzen in Kooperation mit dem AFZ durchgeführt. Fragen und Anmerkungen richten Sie bitte an: beschaeftigtenumfrage_fhb@finanzen.bremen.de
Interview mit Nadezhda Milanova – Migrations- und Integrationsbeauftragte des Landes Bremen zur Beschäftigtenbefragung „Migrationsgesellschaft als Chance – wie vielfältig sind wir im bremischen öffentlichen Dienst?“.
Frage 1: Liebe Nadya, du hast sofort zugesagt, für die Beschäftigtenbefragung „Migrationsgesellschaft als Chance – wie vielfältig sind wir im bremischen öffentlichen Dienst“ mit deinem Gesicht zu werben. Mit der Wiederholung der Befragung – die erste war 2013 – wollen wir herausfinden, wie sich der Anteil der Beschäftigten mit Migrationsbiographie bei uns im öffentlichen Dienst weiterentwickelt hat. In Bezug dazu hören wir manchmal diesen Satz „Wozu brauchen wir Zahlen zu dem Thema? Man kann sich ja auch umschauen“. Was sind deine Gedanken dazu?
Wenn man sich die obersten zwei Leitungsebenen (Staatsrät*innen, Abteilungsleiter*innen) in der FHB anschaut, habe ich viel Verständnis für diese Aussage. In dem Bereich hat sich seit der letzten Umfrage wenig entwickelt. Die Frage ist für mich „Woran liegt das?“ und „Wie wollen wir das aufbrechen?“.
Bei der Umfrage geht es doch um alle Ebenen und um die Entwicklung: ALLE ZÄHLEN. Diese Entwicklung ist mit bloßem Auge nicht wirklich feststellbar. Darüber hinaus umfasst die Umfrage einige Aspekte mehr als die Migrationsbiographie wie beispielsweise Selbstbezeichnung und Erfahrung mit Diskriminierung. Das finde ich sehr gut und wichtig.
Und im Übrigen reicht es nicht aus, sich umzuschauen, weil nicht alle Kolleg*innen so sichtbar sind.
Frage 2: Die Arbeitgeberin Freie Hansestadt Bremen möchte die migrationsgesellschaftliche Diversität in ihren eigenen Reihen abbilden und damit repräsentieren. Wie würdest du als Migrations- und Integrationsbeauftragte das Thema Repräsentation einfach erklären? Worum geht es dabei? Was haben wir als öffentlicher Dienst davon?
Repräsentation ist aus meiner Sicht enorm wichtig – sie ist die Legitimation des Verwaltungshandelns. Der öffentliche Dienst agiert für die gesamte Gesellschaft in verschiedenen Lebensbereichen. Aktuell ist ein breiter Kreis der Bevölkerung Bremens in diesen öffentlichen Strukturen mehr als nur unzureichend abgebildet. In den Leitungsebenen findet sogar kaum Abbildung statt. Seit Jahren besteht in dieser Hinsicht eine Disbalance. Für eine gelebte Demokratie und einen guten gleichberechtigten gesellschaftlichen Zusammenhalt ist das kontraproduktiv. Abgesehen davon können wir uns das als Arbeitgeberin nicht mehr leisten. Circa 40% der bremischen Bevölkerung hat eine Migrationsbiographie, bei Jugendlichen sind es sogar fast 70%!
Mit Repräsentation der Gesellschaft gewinnt der öffentliche Dienst an Legitimation und Rückgrat.
Frage 3: Die Befragung ist nur dann aussagekräftig, wenn viele Beschäftigte mit und ohne Migrationsbiographie mitmachen. Was könnte eine Person motivieren, sich die 5 Minuten Zeit für die Befragung zu nehmen, die weder beruflich noch privat mit dem Thema migrationsgesellschaftliche Vielfalt zu tun hat?
Die Umfrage geht auf Themen ein, die alle Kolleg*innen der bremischen Verwaltung betreffen – mit oder ohne Migrationsbiographie. Deswegen hoffe ich auf eine rege Beteiligung. Und ich kann mir kaum vorstellen, dass viele Kolleg*innen weder im privaten noch im beruflichen Kontext Berührung mit dem Thema Migration haben. Wir leben seit Jahrzehnten in einem Einwanderungsland.
Ich bin überzeugt – fünf Minuten hat Jede*r.
Frage 4: Du bist nun schon 13 Jahre im bremischen öffentlichen Dienst und hast einige Stationen hinter dir. Was hat dich auf deinem Weg in der öffentlichen Verwaltung geprägt und bestärkt? Und was bedeuten die Ergebnisse der Befragung für deine Arbeit als Migrations- und Integrationsbeauftragte?
Mein Werdegang im bremischen öffentlichen Dienst ist geprägt durch Wechsel in verschiedenen Dienststellen. Dadurch habe ich die Chance bekommen, unterschiedliche Interessenlagen und Perspektiven kennen zu lernen und in diversen Teams mitarbeiten zu dürfen. Das ist eine wahnsinnige Perspektivenerweiterung gewesen. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Ich habe viel Bestärkung und Unterstützung durch Vorgesetzte und von Kolleg*innen erfahren. Dabei waren Vertrauen, Förderung sowie kooperative Zusammenarbeit sehr wichtig für mich. Und auch das eine Jahr im Frauen-Mentoring Programm hat eine sehr stärkende Rolle gespielt. Es wirkt immer noch nach.Ich freue mich, dass die Befragung erneut aufgegriffen und um neue Aspekte, wie das Thema Vielfalt, ergänzt wird. Sie wird Erkenntnisse über die Entwicklung in den letzten Jahren mit sich bringen und neue Handlungsfelder andeuten. Wir werden unsere Maßnahmen überprüfen müssen: Wirken sie in dem Grad, den wir uns wünschen? Was müssen wir ändern, damit wir unseren Zielen als öffentlicher Dienst schneller näherkommen?
In meiner Rolle setze ich mich für Repräsentation und Teilhabe aller Menschen in unserer Gesellschaft ein. Auch im öffentlichen Dienst.