Sehr geehrte Abonnentin, sehr geehrter Abonnent,
wo stehen wir in Bremen Ende 2022 bei der OZG-Umsetzung wirklich? In der Fachpresse ist von nicht rechtzeitiger Umsetzung, sogar von Scheitern die Rede. Richtig ist, dass die gesetzlichen Verpflichtungen sicher nicht fristgerecht umgesetzt sein werden. Das ist aber nur eine von zwei Seiten einer Medaille.
Nehmen wir einmal das sogenannte „EfA-Prinzip“. EfA bedeutet, dass ein Online-Dienst von einem Land entwickelt wird und andere Bundesländer und Kommunen diesen nachnutzen können. Einer für Alle. Noch nie hat es in einem solchen Ausmaß interdisziplinäre Zusammenarbeit gegeben, die nicht nur ressort-, sondern auch verwaltungsebenen- und hierarchieübergreifend funktioniert. OZG-Umsetzung ist mehr als Gesetzesvollzug. Wir befinden uns gerade in einer tiefen Umbruchphase. Der Staat als solcher definiert seine Rolle neu. Welche Erwartungen hat die Zivilgesellschaft an die Verwaltung von heute und von morgen? Reicht es noch, nur nach dem Input zu sehen oder müssen und wollen wir uns auch am Impact messen lassen? Passt unsere Organisation noch zu diesen neuen Aufgaben? Sind Ressortzuschnitte, wie wir sie kennen, noch zeitgemäß, wenn die Gesellschaft vom Staat lebenslagen- und serviceorientiertes Handeln erwartet und auch erwarten darf? Warum müssen die Bürger:innen für jedes Anliegen Anträge stellen, wenn die Technik längst mehrdimensionale Vorgänge vollautomatisch abarbeiten könnte?
Wenn ich z. B. meinen Umzug anzeige, dann müsste doch das Backoffice der Verwaltung bei vernetzten Registern sofort die verbundenen Services anbieten können. Das bedeutet, dass ich dann als Bürgerin, die ihren Umzug der Behörde anzeigt, proaktiv von der Verwaltung das Angebot bekomme, dass auch gleich meine registrierten Familienangehörigen mit umgemeldet werden können. Auch die Halterdaten meines Fahrzeugs, so ich es möchte, werden ebenfalls aktualisiert. Und ja, ein etwa angemeldetes Gewerbe ebenfalls. Und wenn die Kinder noch klein sind, wird mir auch unaufgefordert ein freier Kita-Platz in der Nähe meines neuen Wohnortes angezeigt oder die Bibliotheken im Umkreis mit einem Angebot, gleich einen digitalen Bibliotheksausweis mitzubestellen. So wie ich beim Online Shopping direkt mit dem Warenwirtschaftssystem des Anbieters verbunden bin, der mir neben den von mir gesuchten Produkten Alternativen oder ein ganzes Outfit anbietet, muss auch die Verwaltung der Lebenslage entsprechend ihre Backoffice Systeme (Register und Fachverfahren) miteinander verbinden und serviceorientiert und datenschutzkonform auf die Bedürfnisse der Gesellschaft ausrichten.
Wir wollen mit den in Bremen entwickelten (EfA)-Diensten echten Nutzen stiften. Zeitersparnis für die Bürgerinnen und Bürger und Nutzen für die Verwaltung selbst. Für dieses Ziel müssen wir auch in Bremen gemeinsam, vernetzt und mit einer klaren, geeinten Zielvorstellung handeln. Eine wichtige Grundlage dafür wurde am 11.10.2022 durch den Beschluss des Senats zur „Gemeinsamen OZG-Strategie der FHB“ gelegt. Diese besteht aus einem festgelegten Lösungsportfolio mit vom Senator für Finanzen zentral bereitgestellten Komponenten auf der einen und den dezentralen Ressort-OZG-Strategien auf der anderen Seite. Dieses Vorgehen soll Politik und die Ressorts von ineffizientem Verwaltungsaufwand entlasten.
Wo stehen wir also bei der OZG-Umsetzung? Wir sind auf dem richtigen Weg. OZG ist der Anfang einer tiefgreifenden digitalen Transformation. Und auch wenn wir bis Ende 2022 nicht alle Verwaltungsleistungen digital werden anbieten können, liegt darin kein grundsätzliches Scheitern. Aus den Fehlern der OZG-Umsetzung gewinnen wir jeden Tag wichtige Erkenntnisse, z. B. für die notwendige Modernisierung der staatlichen Register, ohne die wir dem neuen Staatsverständnis nicht gerecht werden können.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen dieses Newsletters.
Genießen Sie die Weihnachtsfeiertage im Kreise Ihrer Lieben und kommen Sie gut ins neue Jahr!
Ihre Carola Heilemann-Jeschke - Abteilungsleitung Zentrales IT-Management, Digitalisierung öffentlicher Dienste